Oft ist schnelle Hilfe nötig, wenn sich Mitarbeitende plötzlich um pflegebedürftige Angehörige kümmern müssen. Dann ist es gut, wenn es im Betrieb eine Ansprechperson gibt, die genau für diesen Fall vorbereitet ist und im Notfall unterstützen kann. „Betriebliche Pflege-Coachs“ können direkt mit den Betroffenen erste Schritte einleiten, sie kennen sich mit den Rechtsgrundlagen aus und wissen, welche Handlungsoptionen es gibt, um betriebliche Angebote für pflegende Angehörige zu entwickeln.
Wir stellen drei Pflege-Coachs vor, die uns ihre wichtigsten Tipps mit auf den Weg geben.
Drei Tipps von drei Pflege-Coachs:
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Katja Hanning, Personalverantwortliche und Pflege-Coach bei der ERGO:
Tipp 1: Ansprechperson mit Erstwissen für den Akutfall benennen
„Da unsere Beschäftigten in ganz Deutschland arbeiten, finden die Gespräche telefonisch, per Skype oder in Teilen auch in meinem Büro statt. Wenn sich eine Kollegin plötzlich in einer Pflegesituation wiederfindet, kann ich ihr zunächst einmal zuhören, aber dann vor allem auch weitere Ansprechpersonen nennen und hilfreiches Infomaterial zur Verfügung stellen.“
Tipp 2: Längerfristige Lösungen gemeinsam erarbeiten
„Vor allem aber schauen wir zusammen, wie wir die Situation konkret erleichtern können. So bietet ERGO zum Beispiel an, Sonderzahlungen für Urlaub und Weihnachten in Freizeit umzuwandeln. Damit entsteht ein freies Stundenkontingent für das Organisieren der neuen Situation oder die Begleitung von Arztbesuchen. Im Akutfall geben wir auch zehn Pflege-Tage frei – bei gleichem Gehalt und unbürokratisch. Längerfristig kann dann mobiles Arbeiten, ein Sabbatical oder eine befristete Teilzeit eine mögliche Lösung sein.“
Tipp 3: Das Bewusstsein schaffen: Das Unternehmen steht hinter mit
„Das Allerwichtigste ist, dass da jemand im Unternehmen ist, der zuhört, sich kümmert. Und das Bewusstsein: Mein Unternehmen steht hinter mir in dieser Situation und unterstützt mich.“
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Eva-Christina Bergmeister, Personalmanagerin der Düsseldorfer Digitalagentur anyMOTION (ca. 50 Beschäftigte)
Tipp 1: Den Pflege-Coach im Unternehmen sichtbar machen
„Das tun wir, indem wir in unserem Intranet im „Kompass für Mitarbeiter“ die akute Situation „Ich kümmere mich um einen Pflegefall – was nun?“ aktiv ansprechen und Direktlinks auf erste Anlaufstellen, zu Checklisten und relevanten Gesetzen bereitstellen. Und natürlich immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte unserer Kolleginnen und Kollegen in dieser Situation haben.“
Tipp 2: Alle Beschäftigten mit einbeziehen
„Einige Kolleginnen und Kollegen haben mir gesagt, dass sie schon das Wissen, im Notfall nicht alleine dazustehen, beruhigt. Die Rückendeckung des Unternehmens zu haben, tut gut. Selbst dann, wenn die Pflege-Situation noch nicht eingetreten ist und vielleicht nie akut wird.“
Tipp 3: Das Angebot nach außen kommunizieren
„Für die Außenkommunikation des „Pflege-Coachs“ gibt es einige Argumente. Aus Recruiting-Sicht die Stärkung unserer Arbeitgebermarke, um die Personen anzusprechen, denen Familie wichtig ist. Aus ideologischer Überzeugung das Ziel, dieses Thema ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu holen. Und wir möchten damit neue Kontakte zu Menschen und Organisationen aufbauen, für die die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben einen hohen Stellenwert besitzt, um einander zu stärken.“
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Claudia Thienenkamp, Personalmanagerin bei der Langenfelder Dücker Group GmbH (360 Beschäftigte)
Tipp 1: Unbürokratisch und spontan helfen
„Uns ist die persönliche Beratung wichtig, wenn ein plötzlicher Pflegefall eintritt. Unbürokratisch und spontan versuchen wir auf die jeweilige Situation der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters einzugehen. Gerade hatten wir den Fall, dass der Vater einer Kollegin ins Krankenhaus musste, die pflegebedürftige Mutter somit allein zu Hause war. Die Kollegin hatte allerdings keine Urlaubstage mehr, um sich um ihre Mutter zu kümmern. Wir konnten ihr dann schnell helfen, indem sie unbezahlten Urlaub bekam.
Tipp 2: Gemeinsam eine Lösung finden
„Wir überlegen mit den Betroffenen gemeinsam, was in der aktuellen Situation grade Sinn macht. Das kann eine veränderte Arbeitszeit sein, eine Arbeitszeitreduzierung oder auch ein anderer Arbeitsplatz innerhalb der Firma.“
Tipp 3: Das Thema Pflege immer wieder auf die Agenda setzen
„Wir möchten, dass das Thema kein Tabuthema ist. Wir möchten, dass sich unsere Beschäftigten noch mehr trauen, damit zu uns zu kommen. Deshalb informieren wir in unserer Mitarbeiterzeitschrift wiederholt über unsere Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Und im nächsten Jahr möchte ich das Seniorenbüro der Stadt Langenfeld zu einem Vortrag für Interessierte einladen. Dann hören wir auch, welche Angebote die Stadt zum Thema bereithält.“
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