Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden immer im Blick

von Carolin Scholz

Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden immer im Blick, Dirk Thelen

In der Werkstatt für angepasste Arbeit sind knapp 1800 Menschen beschäftigt. Ein Großteil von ihnen hat eine Behinderung oder Erkrankung, die eine Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt schwierig macht. Doch hier finden sie eine berufliche Aufgabe – und eine Chance, ihre Fähigkeiten zu nutzen.

Die Werkstatt für angepasste Arbeit (WfaA) ist in vielerlei Hinsicht ein besonderes Unternehmen. Etwa, weil dort Menschen in mehr als 15 Berufsfeldern arbeiten. Oder, weil die Menschen dort selbst besondere Voraussetzungen mitbringen – die meisten haben eine geistige oder körperliche Behinderung oder eine psychische Erkrankung. Weil hier auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird. Und: Weil das Unternehmen damit eine besondere gesellschaftliche Aufgabe erfüllt

Die WfaA Düsseldorf gibt es bereits seit 1972 – gegründet durch die Stadt und die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe für Behinderte. Seitdem sind viele Arbeitsbereiche, mehrere Standorte und eine Menge Mitarbeitende hinzugekommen.

Werkstatt für angepasstes Arbeiten
In Heilpädagogischen Arbeitsbereichen arbeiten rund 60 Fachkräfte in multiprofessionellen Teams, vorwiegend aus den Berufsfeldern Heilerziehungspflege, Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege.

Viele Arbeitsbereiche für verschiedene Fähigkeiten und Vorlieben

Etwa 1500 Menschen mit Behinderung arbeiten heute bei der WfaA. Sie pflegen die Gärten und Tiere im Düsseldorfer Südpark, verkaufen dort im Hofladen und Café. Sie montieren, verpacken und versenden Gegenstände für Industriekunden, stellen in der Holzwerkstatt Souvenirs und Spielzeug für Kinder her oder fertigen Bauteile in der Metallwerkstatt. In der Großküche bereiten sie täglich knapp 2000 Mahlzeiten zu oder arbeiten in der Wäscherei und Näherei. Einige sind auch im Büro tätig oder vor Ort in anderen Firmen im Einsatz.

Der Grund dafür, dass es so viele verschiedene Arbeitsbereiche gibt, ist einfach: „Die Menschen sollen ihren Arbeitsplatz nach ihren persönlichen Vorlieben auswählen können“, sagt Dirk Thelen, Leiter Personalwesen der WfaA. Die, die hier Arbeit finden, sollen möglichst eine Stelle in einem Bereich finden, der ihnen liegt, und bestenfalls sogar Spaß macht. Und es gehe darum, dass sie ihre jeweiligen Fähigkeiten optimal einsetzen und entwickeln können. „Wie der Name des Unternehmens schon sagt, wird die Arbeit an den Menschen angepasst“, sagt Dirk Thelen.

Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden immer im Blick,, Mitarbeiter und Beschäftigter
Rund 370 Mitarbeitende kümmern sich um 1500 Beschäftigte mit körperlichen und/oder psychischen Beeinträchtigungen

Beginnt eine Person in der WfaA, wird erst einmal gemeinsam überlegt, was der Wunsch und das Ziel des Menschen ist und wie dieses erreicht werden kann. In den ersten drei Monaten wird intensiv daran gearbeitet: „Mit Praktika in unterschiedlichen Arbeitsbereichen, Diagnostik und vielen Gesprächen“, sagt Dirk Thelen. „In den folgenden zwei Jahren wird, angelehnt an dem entsprechenden Bildungsrahmenplan im dualen System qualifiziert.“ Nach Abschluss des zweijährigen Berufsbildungsbereichs wechseln die Mitarbeitenden dann in den gewünschten Arbeitsbereich. Von dort aus können sie immer wieder in betriebsintegrierte Arbeitsplätze in anderen Unternehmen wechseln oder eine Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt finden.

370 Angestellte ermöglichen den Arbeitsalltag

Doch nicht nur auf die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung wird in der WfaA eingegangen. Neben ihnen arbeiten hier etwa 370 Personen, die dabei unterstützen, den Arbeitsalltag zu meistern. Das sind in der Regel Fachkräfte im jeweiligen Beruf – also Garten- und Landschaftsbauer, Schreinerinnen, Metallarbeiter und andere Fachleute – die in der WfaA eine pädagogische Zusatzausbildung gemacht haben und als zuständige Fachkräfte den Überblick behalten.

Werkstatt für angepasstes Arbeiten
Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung unterstützen die Menschen mit Behinderung im Arbeitsalltag.

Diese 370 Angestellten sind bunt durchmischt. Es gibt viele jüngere Kolleginnen und Kollegen, aber: „Wir haben eine überdurchschnittlich hohe Unternehmenszugehörigkeit. Viele Mitarbeitende sind schon lange bei uns und werden bei uns älter“, sagt Dirk Thelen. Das bedeutet, dass es viele verschiedene Themen aus deren Privatleben gibt, auf die das Unternehmen individuell einzugehen versucht. So bietet zum Beispiel der Familienservice ein Beratungsangebot zur Kinderbetreuung und zur Pflege von Angehörigen.

Grundsätzlich seien die Arbeitszeiten in der WfaA familienfreundlich – ohne Schichtbetrieb und mit einem Zeitfenster zwischen 7 und 16 Uhr. Zusätzlich gibt es ein flexibles Arbeitszeitsystem. Natürlich müsse gewährleistet sein, dass die Menschen mit Behinderung immer gut betreut sind. In Absprache unter den Kolleginnen und Kollegen versuche man aber, so viel Flexibilität zu ermöglichen, wie es eben geht. Das gilt auch für mobiles Arbeiten – in der Verwaltung ist das zum Beispiel spätestens seit Corona fester Bestandteil des Arbeitsalltags. Auch Dinge wie Teilzeit, Elternzeit und die Rückkehr danach funktionieren hier selbstverständlich.

Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden immer im Blick, Herr Schilder und Mitarbeitenden/Beschäftigte
Aufgabenbesprechung in der Metallwerkstatt.

Hilfsangebote federn Belastung durch besondere Herausforderungen ab

Für Mitarbeitende gibt es zudem ein umfangreiches Hilfsangebot. Durch die Kombination aus fachlicher Expertise, Produktion und pädagogischen Aufgaben ist die Arbeit in der WfaA mit vielen Herausforderungen verbunden. Für viele dieser Herausforderungen bietet das Unternehmen Hilfestellungen an. Neu ist zum Beispiel ein Ansprechpartner für Stressprävention. Der gibt Workshops zum Thema, steht aber auch für persönliche Gespräche bereit. „Mitarbeitende können ohne großen Aufwand oder die Notwendigkeit, sich dem Chef öffnen zu müssen, niedrigschwellig das Gespräch mit ihm suchen““, sagt Dirk Thelen.

2014 hat die Werkstatt für angepasste Arbeit ein Leitbild verabschiedet. „Das ist Grundlage für unser gemeinsames Miteinander und wirkt sich an vielen Stellen positiv aus“, sagt Dirk Thelen. Dafür habe man sich viel Zeit genommen und ausführlich diskutiert. Seit Inkrafttreten wird es jedes Jahr überprüft und bei Bedarf erweitert.

Werkstatt für angepasstes Arbeiten
Michael Hohmann ist in der WfaA Ansprechpartner für Stressprävention.

Ein Grundthema dabei ist Feedback und offene, wertschätzende Kommunikation untereinander. Dafür haben die Führungskräfte an einem speziellen Entwicklungsprogramm teilgenommen. „Feedback zu geben, aber auch Feedback anzunehmen will gelernt sein.“ Nicht nur Führungskräfte bewerten bei der WfaA einmal im Jahr ihre Mitarbeitenden, sondern auch andersherum. Sowohl in Form einer standardisierten Umfrage, als auch durch ein persönliches Gespräch. Das helfe allen, im Austausch zu bleiben und zu erkennen, an welchen Stellen man sich verbessern kann, aber auch, wo Stärken und Potentiale liegen.

Seine wegweisende Unternehmenskultur hat sich das Unternehmen 2023 zertifizieren lassen und darf sich mit dem Titel HIER AUSGEZEICHNET ARBEITEN schmücken.

Werkstatt für angepasste Arbeit (WfaA): rund 1800 Mitarbeitende mit: 824 Frauen, 1060 Männer, 1 divers

Fotos: Melanie Zanin

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