Trends in der Personalwirtschaft

von Johanna Torkuhl

Trends Personalentwicklung

Johanna Torkuhl, Leiterin des Kompetenzzentrums Frau und Beruf Düsseldorf/Kreis Mettmann, skizziert, welche neuen HR-Trends sich aus Sicht des Kompetenzzentrums abzeichnen.

Zunächst ein Rückblick

Seit 2012 gibt es die Kompetenzzentren Frau und Beruf. Zu unserem 10-jährigen Jubiläum im letzten Jahr haben wir uns viel damit beschäftigt, was sich in dieser Zeit eigentlich getan hat. Wie haben sich die Politik und die Wirtschaft, die Realität für kleine und mittelständische Unternehmen verändert? Konnte die Erwerbstätigkeit von Frauen gestärkt werden?

Wenn wir heute über HR-Trends oder Frauen in der Wirtschaft sprechen, dann ist ganz klar zu sehen, dass wir nicht mehr darüber darüber sprechen, ob wir Frauen als Fach- und vor allem auch als Führungskräfte brauchen. Kein einziges Unternehmen, das wir in den letzten Jahren getroffen haben, hat in Frage gestellt, dass wir die Erwerbstätigkeit von Frauen stärken müssen. Wir brauchen alle verfügbaren Personen auf dem Arbeitsmarkt. „Frau sein“ spricht nicht gegen eine noch so hoch dotierte oder verantwortungsvolle Position.

Ganz im Gegenteil: Geschäftsführende und Personalverantwortliche berichten uns freudig davon, wenn sie eine als männlich attribuierte Stelle mit einer Frau besetzt haben, z.B. als Lagermeisterin in einem Logistikunternehmen. Wenn sie einer schwangeren Kollegin die Führungsposition gegeben haben, obwohl klar ist, dass sie bald für einen Zeitraum ausfallen wird. Oder eine Tochter, die die Nachfolge des familiengeführten Unternehmens antritt. Doch klar ist auch, dass dies unsere „Bubble“ ist. Wir erreichen mit unseren Angeboten vor allem Unternehmen, Personalverantwortliche, die sich genau in diese Richtung bewegen oder bewegen müssen, denn der Arbeits- und Fachkräftemangel macht vor keiner Branche halt.

Die Frage nach dem „Wie“

Was in unseren Gesprächen und Beratungen fast immer auftaucht, ist die Frage nach dem Wie. Wie sprechen wir alle Talente auf dem Arbeitsmarkt an, wie können wir wirklich bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Privatleben bieten? Obstkörbe und Homeoffice, und dann? Gerade Unternehmen im produzierenden Gewerbe oder dem sozialen Bereich und mit bluecollar-Beschäftigten, fühlen sich von der New-Work-Debatte nicht mitgenommen. Wo setzen wir da als Kompetenzzentrum an?

Fünf wichtige Trends

Folgende Punkte haben sich nach vielen Gesprächen mit Unternehmen der Region als zentral für eine erfolgreiche Personalpolitik herausgestellt:

  1. Führen als Vorbild
    Die schönsten Maßnahmen nutzen nichts, wenn sie nicht von den Führungskräften vorgelebt werden. Und das gilt für alle Führungsebenen. Der Abteilungsleiter, der sich den Nachmittag freinimmt, um den Kindergeburtstag seiner Tochter zu gestalten, die Chefin, die sich Zeit nimmt, ihren Vater zu seinen Arztterminen zu begleiten. Die Selbstverständlichkeit, mit der dergleichen getan und kommuniziert wird, sendet wichtige Signale an die ganze Belegschaft.
  2. Flexibilität und Individualität
    Beschäftigte wünschen sich transparente und strukturierte Lösungen, die sie dort abholen, wo sie aktuell stehen. Besonders kleine und mittelständische Betriebe können individuelle Lösungen auf strukturelle, aber manchmal auch ganz alltägliche Probleme anbieten. Viele gute Beispiele dafür lesen Sie in unseren Unternehmensporträts. Eine lebensphasenorientierte Personalpolitik bietet ganz unterschiedliche Arbeitszeitmodelle an, die auf die besonderen Anforderungen von verschiedenen Lebensphasen eingehen. Schwangerschaft, Elternzeit, Angehörigenpflege sind hier einige Beispiele.
  3. Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen
    Eltern rund um die Kinderbetreuung zu unterstützen, sei es durch Zuschüsse zur KiTa, Ferienbetreuung oder besonders flexible Arbeitszeiten kann zu einer starken Bindung an das Unternehmen führen. Auch pflegende Angehörige sollten Unterstützung finden. Personalverantwortliche könnten sich zu betrieblichen Pflegecoachs weiterbilden. Lebenslange Arbeitszeitkonten und flexible, evtl. reduzierte Arbeitszeiten können hier ebenfalls sehr hilfreich sein.
  4. Kommunikation und gemeinsame Werte
    Eine moderne, personalorientierte Unternehmenskultur trägt nur dann Früchte, wenn sie auch nach außen und nach innen in den Betrieb hinein sichtbar gemacht wird. Dies lässt sich durch ein gutes Employer Branding erzielen. Ein wirklich gelebtes Unternehmensleitbild, das die Beschäftigten gemeinsam entwickelt haben, sorgt für eine lebendige Betriebskultur, die auch nach außen strahlt.
  5. Talente und Diversität fördern
    Mit einer gut strukturierten Personalentwicklung und gern auch der Teilnahme an Mentoring-Programmen können neue Karrierewege etabliert werden, – sowohl vertikal als auch horizontal. Wer sich für diverse Team öffnet, hat Zugang zu einem wesentlich größeren Fachkräftepool. Und gerade diverse Teams erhöhen den Innovationsfaktor jedes Unternehmens.

Und was ist neu?

Neu ist, dass wir den Fokus weg von einer „Frauenförderung“, in der Frauen sich verändern müssen, hin zu einer Diskussion darüber angekommen sind, was Männer als Partner, Väter (s. a. den Väterbericht 2023 des Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), Kollegen und Vorgesetzte zur Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt beitragen (können). Einerseits gehört zu mehr Partnerschaftlichkeit im Privaten auch eine gerechtere Aufteilung von Care-Aufgaben und Mental Load, andererseits ermöglichen wir allen damit auch mehr Optionen zur Hebung des beruflichen Potentials.

Foto: pexels.com

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